Aktuelles Recklinghausen
„Die Kunstausstellung der Ruhrfestspiele blickt auf eine über 70-jährige Geschichte zurück und hat einen bedeutenden und festen Platz im jährlichen Ausstellungskalender der Stadt Recklinghausen. Ich freue mich sehr, dass wir in diesem Jahr Søren Aagaard begrüßen dürfen und somit das erste deutsche Museum sind, dass dem Künstler eine Einzelausstellung widmet“, sagt Bürgermeister Christoph Tesche. „Recklinghausen und das Ruhrgebiet leben von der Alltagskultur der Arbeiter*innen, die über die Jahrhunderte hierhergekommen sind. Das Alltagsleben und die Gebräuche sind wichtige und verbindende Faktoren für eine Stadt im Ruhrgebiet. Søren Aagaard interessiert sich für eben jenes Alltagsleben und erlaubt, wie in dieser Ausstellung zu sehen, damit allen Besucher*innen einen neuen Blick auf scheinbar Bekanntes.“
Søren Aagaard, 1980 in Dänemark geboren, befragt das performative Potenzial von Essen und Kunst in den verschiedenen Zusammenhängen. Wer kocht was für wen? Was wird für wen gekocht? Bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus: Essen ist ein durchweg brisantes Thema. Kulturelle Identität und Aneignung, soziale Gefüge und Gefälle, Vertriebswege der Zutaten und Werkzeuge der Verarbeitung, Arbeiter*innen in Küchen und Gastronomie auf der ganzen Welt – all das hat überraschend viele Parallelen mit dem Kulturbetrieb. Nicht zuletzt sind es Fragen der ästhetischen Inszenierung: Sockel, Teller, Formen der Präsentation und ihrer semantischen Implikationen, denen sich Aagaard widmet – und die seine Objekte, Performances und Videos einzigartig machen.
Olaf Kröck, Intendant der Ruhrfestspiele: „Wir freuen uns sehr auf Søren Aagaards erste Einzelausstellung in Deutschland, der, ausgehend von einem scheinbar so profanen und alltäglichen Thema wie Essen, mit seinem überraschend vielgestaltigen Werk immer wieder neu und tief in komplexe Zusammenhänge unserer Gesellschaft blicken lässt. Als Skulpturen, als Performances, auf drei Etagen der Kunsthalle und im öffentlichen Stadtraum lädt seine Kunst die Besucher*innen immer wieder auch zum Mitmachen ein, um das scheinbar Bekannte zu hinterfragen. Und zwar voller Vergnügen, und ohne Verluste zu verschweigen – um das diesjährige Motto der Ruhrfestspiele in Spiel zu bringen.“
Die Küche, sonst in den Hintergrund der Häuslichkeit oder Industrie gedrängt, rückt in diesem Sommer als Ort skulpturaler Praxis in den Mittelpunkt der Kunsthalle und von dort auch in den Stadtraum hinaus. Søren Aagaards Praxis lädt dabei auch das Publikum ein, die Beziehung zu kulinarischen Räumen neu zu setzen und in einem partizipativen Rahmenprogramm kulturelle Rituale von Essen und Kunst neu zu denken. In einem Berliner Freibad schuf Aagaard 2017 ein ganzes Repertoire an Pommes-Frites-Saucen samt Ausstellung und in Amsterdam bot er für die Besucher*innen ein Rezept aus dem Kochbuch der Futuristen aus dem frühen 20. Jahrhundert an – um nur einige Beispiele zu nennen.
Über den Künstler
Søren Aagaard hat 2013 seinem Master an der Königlichen Kunstakademie in Kopenhagen gemacht, 2010 an der Kunstakademie im schwedischen Malmö einen Bachelor in freier Kunst abgeschlossen und zuvor an der Gastronomie-Hochschule Dänemark seine Ausbildung als Koch in Silkeborg erhalten. Nach zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen, unter anderem im Museum für zeitgenössische Kunst in Roskilde, der Performa Biennale in New York und zuletzt auf der Yokohama Triennale zeigt die Kunsthalle Recklinghausen im Rahmen der Ruhrfestspiele die erste museale Einzelausstellung von Søren Aagaard in Deutschland. Als erste große Überblickschau angelegt, werden dabei existierende Arbeiten und Neuproduktionen auf den gesamten 1.000 Quadratmetern der Kunsthalle Recklinghausen zu sehen sein.
Das Programm vom Museumsdirektor Dr. Nico Anklam an der Kunsthalle startete im großen Haus 2022 mit Flo Kasearu, einer sehr jungen Künstlerin aus Estland. Mit Ângela Ferreira aus Mosambik im letzten Jahr wurde ein für die Kunstgeschichte wichtiger Meilenstein mit ihrer Schau hier gesetzt. Nun geht es mit Søren Aagaard auch an Anklams kuratorische Anfänge zurück: „Ich habe schon immer der dänischen Kunstszene viel abgewinnen können, ästhetisch, politisch aber auch mit ihrem klugen Humor“, sagt Dr. Nico Anklam. „Und wir richten mit Aagaard nochmals den Blick auf Alltagskultur, eine wichtige Komponente der Geschichte der Kunsthalle. Das passte einfach zu gut, und vor allem: früher oder später wäre ein anderes deutsches Museum auf ihn gestoßen. Jetzt ist der Moment ihn zu zeigen, als sogenannter mid-career artist mit 43 Jahren. Eben noch in New York und Japan, jetzt bei uns.“
Interessierte Besucher*innen haben ab sofort bis einschließlich 4. August 2024 die Gelegenheit, die Werkschau zu betrachten. Während des Ausstellungszeitraums findet jeden Sonntag eine öffentliche Führung um 12 Uhr statt.
Eine Eintrittskarte zu Vorstellungen der Ruhrfestspiele am gleichen Tag berechtigt zum kostenlosen Besuch der Kunsthalle. Davon unabhängig können Karten ausschließlich vor Ort in der Kunsthalle erworben werden.
Die Kunsthalle Recklinghausen hat dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen gibt es online unter www.kunsthalle-recklinghausen.de.