Opferbuch

Gedenkbuch

Portraitfoto
Fritz Dietlof von der Schulenburg
Fritz Dietlof von der Schulenburg
Nachname
Schulenburg
,
Fritz-Dietlof von der
Geboren am
05.09.1902
Geboren in
London (Der Vater war 1902-1906 Militärattaché in der kaiserlichen Botschaft)
Religion
evangelisch
Adressen

Schloss Tressow in Nordwestmecklenburg, Recklinghausen, Kleine Geldstr. 4 (1928-32), Ostpreußen, Berlin, Breslau 

Eltern
Generalmajor Friedrich Graf von der Schulenburg (1865-1939) und Freda Marie, geb. Gräfin von Arnim (1873-1939)
Geschwister
Johann Albrecht (1898-1944), Wolf-Werner (1899-1944), Adolf-Heinrich (1901-1940), Elisabeth/Tisa (07.12.1903-08.02.2011), Wilhelm (1904-1936)
Ehepartner
Charlotte von der Schulenburg, geb. Kotelmann (1909-1991)
Kinder
Fritz-Dietlof (*1938), Fredeke (*1934), Leveke Christiane (*1936), Charlotte (*1940), Angela (*1942), Adelheid (*1943)
Beruf
Verwaltungsbeamter: Regierungsreferendar im Landratsamt Recklinghausen 1928-1932, 1937-1939 stellv. Polizeipräsident Berlin, seit 1939 stellv. Oberpräsident von Ober- und Niederschlesien, Reserveoffizier an der Ostfront
Diskriminierungsstatus
Politische Überzeugung
Verfolgungsschicksal

Schulenburg wurde als einer der Hauptorganisatoren des Attentats am 20.07.1944 auf Adolf Hitler und wurde vom „Volksgerichtshof“ zum Tode verurteilt. Unmittelbar nach dem Urteil wurde er am 10. August 1944 im Gefängnis Plötzensee hingerichtet. Die Leiche wurde verbrannt; der Verbleib der Asche blieb unbekannt. Seinen Abschiedsbrief erhielt seine Frau über Umwege erst 10 Jahre später. 

Weitere Lebensdaten

Der in London geborene Verwaltungsjurist Fritz-Dietlof von der Schulenburg studierte Jura in Göttingen und Marburg. Sein Assessorexamen bestand er 1928 in Potsdam.
[…..] Er entstammte dem monarchistisch-preußischen Landadel, war aber kein Monarchist und trennte sich auch durch die Forderung nach Bodenreformen und Siedlungsraum von der Interessenpolitik der Großgrundbesitzer. In der Parteiendemokratie der Weimarer Politik sah er ebenfalls Klientelpolitik und stellte ihre das Ideal einer nur dem Wohl des Staates verpflichtete und gut ausgebildete Beamtenschaft  gegenüber.
1928-32 ließ er sich als Referendar nach Recklinghausen versetzen, um das Arbeitermilieu und den Katholizismus kennen zu lernen und es entstanden lebenslange Freundschaften, obwohl sein Eintritt in die NSDAP im Februar 1933 auf Unverständnis stieß. In Ostpreußen übte er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verschiedene Parteiämter aus und arbeitete in Königsberg einige Monate als persönlicher Referent des Gauleiters und Oberpräsidenten Erich Koch. Die von ihm aus der Nähe beobachtete Herrschaftsausübung der Nationalsozialisten stieß ihn zunehmend ab. 1937 wurde er stellv. Polizeipräsident in Berlin, zwei Jahre später Regierungspräsident und Vertreter des Oberpräsidenten in Breslau.
Machtmissbrauch, Korruption, schließlich die Gleichschaltung der Reichswehr 1938 brachten ihn in den Kontakt mit der Widerstandsgruppe und Generaloberst Beck. Der Generalstabschef  wollte einen Kriegsbeginn wegen der „Sudetenkrise“ zum Anlass für den Sturz Hitlers nutzen. Das Nachgeben der Westmächte im „Münchener Abkommen“ zulasten der Tschechoslowakei verhinderte den Plan. Als Reserveoffizier des Potsdamer Infanterieregiments 9 wurde er 1940 eingezogen.
Spätestens ab 1942 gehörte Schulenburg zu den wichtigsten Organisatoren und Koordinatoren der verschiedenen politischen und militärischen Widerstandsgruppe, die nach vorher gescheiterten Attentatsversuchen den 20. Juli 1944 vorbereiteten und durchführten. Auf Grund seiner umfassenden Verwaltungserfahrung mit großer Verwendungsbreite bereitete er vor allem den personellen Neuanfang nach vollzogenem Regimewechsel vor. Vorgesehen als Staatssekretär des designierten Innenministers Leber, gehörte er zu engsten Kris der Verschwörer. Nach dem gescheiterten Umsturz wurde er am späten Abend des 20. Juli 1944 in Berliner Bendlerblock festgenommen.[…]
Nach der Inhaftierung und während der Verhöre bekannte sich Schulenburg offen und eindeutig zur Tat und gab keine Namen von Mitverschwörern preis. Dem Todesurteil durch den „Volksgerichtshof“ am 10. August 1944 folgte am selben Tag die Hinrichtung im Gefängnis Plötzensee. Die Leiche wurde verbrannt, die Asche verschwand. Die Abschrift eines Abschiedsbriefes erhielt seine Ehefrau auf Umwegen erst zehn Jahre später.
Von seinen Geschwistern überlebte nur die einzige Schwester Tisa. Sie war ihrem Ehemann, dem jüdischen Kaufmann Hess, 1934 in die Emigration nach England gefolgt und damals auch politisch eine Außenseiterin der Familie. Bei ihrer Rückkehr anlässlich der Beisetzung ihres Vaters 1939 offenbarte sich ihr Lieblingsbruder Fritz als Nazi-Gegner. Sie wurde Mitwisserin und moralische Stütze Fritzis. Nach Krieg und Flucht suchte sie einen Neuanfang und ein neues Lebensziel. Sie nahm Kontakt zu seinem Freundeskreis in Recklinghausen auf, konvertierte zum katholischen Glauben und trat in das Ursulinenkloster in der Nachbarstadt Dorsten ein. Als Schwester Paula und als Künstlerin blieb sie ihren Bruder verpflichtet. Ihr Engagement galt zeitlebens Verfolgten, Unterdrückten und Ausgestoßenen. 

Quellen

Ulrich Heinemann, Ein konservativer Rebell. Fritz-Dietlof von der Schulenburg und der 20. Juli, Berlin 1990

Albert Krebs, Fritz-Dietlof von der Schulenburg. Zwischen Staatsräson und Hochverrat, Hamburg 1964

Georg Möllers/Jürgen Pohl, Fritzi und Tisa von der Schulenburg. Schicksalhafte Lebenswege und ihre Spuren im Vest Recklinghausen, Recklinghausen 2021 (ISBN: 978-3-9817469-7)

Tisa von der Schulenburg, Ich hab`s gewagt. Bildhauerin und Ordensfrau – ein unkonventionelles Leben, Freiburg 1981 

Wolf Stegemann/Thomas Ridder, Die Schulenburgs. Eine Familie im tragischen Konflikt zwischen Gehorsam und Hochverrat. Ausstellungskatalog und Lesebuch, Dorsten 1994

Gedenken

Gedenktafel im Kreishaus von Recklinghausen

Gedenkkapelle in der Dorfkirche von Gressow seit 1988 gestaltet nach Entwürfen seiner Schwester Elisabeth




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