2.12 Pogrom am 9./10. November 1938

In kaum einer Stadt erwiesen sich die vom Propagandaministerium reichsweit angeordneten Presse-Sprachregelungen vom „gerechten Volkszorn“ (RZ-Titel 11.11.1938) und den „spontanen Kundgebungen“ als so offensichtlich verlogen wie in Recklinghausen: Hier fand das Pogrom gegen Synagoge, Gemeindehaus und jüdische Schule in unmittelbarer Nachbarschaft zu Polizeipräsidium und Feuerwache statt.

Während in der Innenstadt (z. B. Steinstraße, Breite Straße, Münsterstraße) und entlang der Bochumer Straße SA-Trupps oder in Suderwich die örtliche NSDAP-Parteiführung Geschäfte und Privatwohnungen Recklinghäuser Familien jüdischen Glaubens überfielen, zerstörten oder plünderten, vollzog sich die Zerstörung der jüdischen Gemeindezentren in einem stundenlangen Verfahren unmittelbar unter den Augen und mit Billigung der staatlichen Behörden.

Am 26. August 1904 hatte die Gemeinde ihre neue, zweite Synagoge an der Ecke Westerholter Weg/Limperstraße in Anwesenheit der Vertreter des öffentlichen Lebens feierlich einweihen können. Was die Presse eher nebulös als „plötzlich“ aufkeimende Brände an Synagoge und anderen Gemeindeeinrichtungen formulierte, erwies sich in der Realität der Nacht als gezielte Brandstiftung. Der aus ihrer knapp 150 m entfernt gelegenen Hauptwache herbeigeeilten Feuerwehr wurde vom eigenen Chef ein Löschverbot erteilt. Mehr noch: Gewissermaßen unter Aufsicht wurde nun versucht, Turmspitze und Dach mit Holzwolle und Benzin zu entzünden, doch das Dach war frisch imprägniert. Bis in die Morgenstunden dauerten dann die Versuche, mit Zugwagen und Strahltrossen den Turm des Gotteshauses einzureißen bis endlich einem herbeigeholten Sprengmeister der Zeche König-Ludwig schwere Beschädigungen durch Sprengladungen gelangen.

Die zerstörte Synagoge an der Limperstraße (StA RE)Die zerstörte Synagoge an der Limperstraße (StA RE)

Mittlerweile waren aus dem ganzen Stadtgebiet jüdische Männer auf dem Plateau des Polizeipräsidiums zusammengetrieben worden. Jäh aus dem Schlaf gerissen, zum Teil nur mit Nachthemden bekleidet, hatte man einige aus Schikane mit Besenstielen und Tischdecken aus Fahnen ausstaffiert. Im Angesicht der Brände an den umliegenden Gemeindeeinrichtungen wurden sie gezwungen, Lieder zu singen oder „gymnastische Übungen“ durchzuführen. Die Aufsicht führte dabei Polizeipräsident Vogel persönlich, in Personalunion SA-Brigadeführer, Reichstagsabgeordneter und Stadtverordneter, der in SA-Uniform mit einer Reitgerte den Takt angegeben haben soll.

Längst war die „Staatsgewalt“ in den Händen von Gewalttätern - sie stellten die „Ordnung“ wieder her durch Verhaftung der Opfer: Anschließend wurden die jüdischen Bürger im Präsidium in „Schutzhaft“ genommen, um Geld und Ausreiseanträge zu erpressen.

Die offizielle Propagandaversion erwies sich als brüchig genug, so dass sich selbst die parteioffizielle National-Zeitung gezwungen sah, mit einer Serie antisemitischer Hetzartikel gegen „jene Moralapostel“ anzuschreiben, „die glaubten, ihre Mitleidsdrüsen in Tätigkeit setzen und ihr Sprüchlein vom armen verfolgten Juden hersagen zu müssen“ (NZ 20.11.1938).

Wenn NSDAP-Ortsgruppenleiter Josef Klein bei der Ursachenforschung dieser Ablehnung der Übergriffe „Enttäuschung und Empörung“ über die Leugnung der „gottgegebenen rassischen Wertunterschiede“ durch den Papst äußerte, so sind mit Walter Zillessen, der von „Gottesfrevel“ sprach, und Superintendent Paul Kramm, der am Buß- und Bettag (16.11.1938) das Pogrom verurteilte, doch nur zwei Pfarrer bekannt, die auf die Gewaltakte im Kirchenraum reagierten.

Ein Polizeizwangsverfahren erlegte der Jüdischen Gemeinde den Abbruch ihrer eigenen Synagoge auf. Ein Dortmunder Abbruchunternehmen wurde mit den Arbeiten beauftragt. Schließlich wurde die Gemeinde auf dem Zwangsweg zur Zahlung verpflichtet, während die Stadt die Abrissarbeiten übernahm.

Anzeige vom Abriss der Synagoge

Anzeige vom Abriss der Synagoge

Sie zog dabei auch jüdische Gemeindemitglieder heran, die angesichts der Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Existenz und ihres Besitzes und der den jüdischen Bürgern zur „Sühne“ auferlegten „Vermögensabgabe“ von 1 Mrd. RM zu Sozialhilfeempfängern geworden waren. So wurden jüdische Bürger zwangsweise zum Abbruch ihrer Synagoge gezwungen - an ihrer Stelle entstand Ende 1939 ein Parkplatz!

[Vgl. 2.13  Die Synagoge wollte nicht brennen: 9./10. November 1938 (Finanzamt, Limperstr.), in: Geck, Möllers,  Pohl, „Wo du gehst und stehst…" Stätten der Herrschaft, der Verfolgung und des Widerstandes in Recklinghausen 1933-1945, Recklinghausen 2002, S. 82-84]

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„Wo sind all die Augenzeugen dieser Nacht?“
Hilde Auerbach, Aufzeichnungen für ihre Tochter Chana, 16.12.1986

Die Erinnerung von Hilde Auerbach, der Ehefrau von RabbineHilde Auerbach im Gespräch am Gymnasium Petrinum 1988 (WAZ-Foto Studnar)r Dr. Selig Auerbach, wurden ursprünglich für ihre Tochter Hana/Chana niedergeschrieben. Die Rabbinerwohnung lag im 1. Stock des 1930 eingeweihten Jüdischen Jugend- und Gemeindehauses direkt neben dem Polizeipräsidium. Nach den Besuchen des Ehepaars und ihren Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern stellte Frau Auerbach die Aufzeichnungen zum Abdruck zur Verfügung:
[Möllers/ Mannel, Pogrom in Recklinghausen. Recklinghäuser Bürger erinnern sich an den 9./10. November 1938, 5. erweiterte und verbesserte Auflage,  Recklinghausen 2001, S. 44f]

Hilde Auerbach im Gespräch am Gymnasium Petrinum 1988 (WAZ-Foto Studnar)

„ [...] Und dann kam die Kristallnacht an 10. November 1938 […] Es war eine schrecklich finstere, mondlose Nacht. Chanalehs Mutter ging nach draußen, einen Brief abzuschicken und sah Kolonnen von SA- und SS-Männern, die in Straßenbreite aufmarschierten. Die Schritte hallten in den völlig leeren Straßen wider. Chanaleh wohnte im ersten Stock des jüdischen Gemeindehauses, einem ganz neuen Gebäude. Im zweiten Stock wohnte Kantor Mannsbach, seine Frau und die hübsche Tochter Doris […]. Im Erdgeschoss befanden sich Unterrichtsräume, die Gemeindeküche und ein großer Versammlungsraum. Die Familie Jakobs war Hausmeister. Alle waren in der Küche und machten Kartoffelsalat und Platten für eine Gesellschaft. Chanalehs Mutter berichtete ihnen, was sie gesehen hatte und da sie Angst hatte, ließ sie sie erst sehr spät heimgehen. Aber wie lange mag man Leuten zur Last fallen? Also ging Chanalehs Mutter nach oben ins Bett.

Da kam eine Gruppe Männer, um `den Versammlungsraum auszumessen` oder so ähnlich. Sie sagten: `Die Gemeindeschule muß evakuiert und im Versammlungsraum unterrichtet werden.` Es war ein so fadenscheiniger Grund, daß man hätte mißtrauisch sein sollen. Es gab keinen Schlüssel, also stiegen sie durch das Fenster ein. Chanalehs Mutter, ihr Name ist Hilda, sah, daß sie eine lange Schnur mit einer Kugel am Ende dabei hatten. Sie hegte keinen Verdacht, oder vielleicht tief im Inneren, einen Gedanken, den sie beiseite schob - es war ein Sprengkörper. Um Mitternacht klingelte das Telefon und jemand sagte: `Das Gebäude brennt.` Hilda konnte das Feuer am anderen Ende von der Treppe aus sehen. Sie zog sich und Chanaleh schnell an, packte ihre Tasche ein, die gepackt war seit der Nacht, in der alle polnischen Juden […] deportiert worden waren. […]

Als sie angezogen waren und fertig, das Haus zu verlassen, stürmten hundert SA-Männer die Treppen hoch, berauscht und betrunken. Sie schalteten das Licht ein und zerschlugen alle Fenster und Spiegel. Die Chanukka-Leuchter, Kerzen, Kiddush-Becher, alle religiösen Gegenstände flogen durch die Fenster. Den Rest plünderten sie. Sie hatten das „beste Weihnachten“ seit langer, langer Zeit. Wir hörten nichts über „Juden“ zu der Zeit, sondern immer nur: `Sie haben etwas, meine Frau und Kinder haben nichts.` Recklinghausen ist eine Bergbaustadt und die Bergbaugesellschaften beuteten ihre Arbeiter aus. Die Bergarbeiter waren nicht nur arm, sondern viele auch krank, und es gab häufig Grubenunfälle. Ich konnte mit den Leuten mitfühlen.

Im Nu hatten sie die Federbetten in den Schlafzimmern aufgeschlitzt, die Federn flogen herum. Einer von ihnen war so betrunken, daß er sich anbot, mit Hilda ins Bett zu gehen. Hilda versuchte, die Balkontür zu öffnen, um so zu entkommen mit Chanaleh auf ihrem Arm. Sie konnte die Tür nicht öffnen. Es war Winter, und die Tür war abgedichtet. Sie öffnete das Fenster und sprang auf den Balkon. Darin nicht geübt, landete sie schwerfällig auf beiden Füßen - sie war etwa im zweiten Monat schwanger. SA, SS und Polizei säumten die Straßen, so daß es keinen Weg heraus gab. Wie sie wieder herein kam, daran erinnert sie sich nicht mehr. Und dann fing Chanaleh an zu lachen, ein irres Lachen, das Lachen einer geistig verwirrten Person. Ein Mann, der bis dahin nicht teilgenommen hatte, der gerade am Hallenfenster stand und herausschaute, hatte Mitleid und führte uns die Stufen herunter. Da war Glas überall. Hildas Strümpfe waren zerschnitten, aber weder sie noch Chanaleh waren verletzt. Hildas Beine waren zerkratzt, aber nicht eingeschnitten.

Die Straße war gesäumt von Nachbarn, Zuschauern und natürlich SS und SA. Niemand bewegte sich, niemand sagte ein Wort: Eine schwarze Nacht ohne Sterne, aber viele Schaulustige. Wo sind all die Augenzeugen dieser Nacht, Männer, Frauen und Kinder? Wenn Du heute einen Deutschen fragst, wissen sie nichts davon, haben sie nie etwas gesehen oder gehört. Wenn sie damals 7 oder 10 Jahre alt waren, sind sie heute in den 50ern. Hat es sie unbeeindruckt gelassen?  Wo waren all die kultivierten, kulturbewußt erzogenen deutschen Bürger? […]

Wie konnte das geschehen in dem großen Deutschland? Juden waren patriotischer als alle anderen: `Deutschland, Deutschland über alles`. Albert, der jüngste Bruder von Hildas Mutter, hatte am 1. Weltkrieg teilgenommen. An der Somme ist er für sein Vaterland gestorben. Der Dank des Vaterlandes war uns gewiß.

Hilda und Chanaleh wurden zur Polizeiwache gleich nebenan gebracht. Und plötzlich war Doris Mannsbach bei ihnen. […] Man sagte uns, daß wir `zu unserer eigenen Sicherheit` im Gefängnis gehalten wurden. Diese Leute waren vorbereitet; sie hatten Papiere für dieses Ereignis fertig, die wir unterzeichnen mußten. Der Gefängnisaufseher, der uns als Nachbar seit Jahren kannte, schrie uns widerholt lauthals an: „Warum habt Ihr Deutschland nicht verlassen? Ihr habt doch gewußt, daß ihr hier unerwünscht seid!`  Er war kein schlechter Mensch; er war verängstigt. In der Nacht brachte er Brot und Butter für Chanaleh. Es hätte ihn eventuell den Kopf gekostet, wenn ihn jemand erwischt hätte. Wir hörten durch das ganze Gefängnis Menschen um Hilfe schreien, Flehen und Schmerzensgestöhn. Wir wußten damals nicht, daß alle männlichen Juden ins Gefängnis eingeliefert worden waren. Ein oder zwei Tage später fragte der Wärter: `Wohin wollen sie gehen, wenn sie entlassen werden?` Das Gemeindehaus war ausgebrannt. Wir nannten Freunde und un-terzeichneten Papiere mit dem Inhalt, dass wir nur zu unserem Schutz interniert worden waren. Wir bezahlten für Verpflegung und Unterbringung, ein legaler Weg, uns unser Geld abzunehmen, wenn wir noch etwas dabei hatten.

Nach der Freilassung gingen wir zu Hirschbergs, Freunde von uns und angesehene Leute in der gemeinde. […]. Wir fanden dort auch andere vor. Chanalehs Mutter blutete stark - der Beginn einer Fehlgeburt. Kein Arzt fand den Mut, Juden zu behandeln. Nach viel Drängen machte ein früherer Nachbar eine Notoperation in seiner Praxis am frühen Morgen. […] Chanaleh begann nun jede Nacht zu weinen, sobald es dunkel wurde. Sie nässte wieder ein und wollte nur zu ihrer Mutter gehen. Sie aß nicht, sie sprach nicht - Schock.

[…] Vom Bahnhof ging Chanalehs Vater zur Polizei, um zu sehen, was er für seine Gemeindemit-glieder  tun könnte. Er wurde festgenommen und wie alle männlichen Juden ins Gefängnis gesteckt. Hilda ging täglich zur Polizei, flehte sie an und redete mit ihnen, ihren Ehemann freizulassen - ohne Erfolg. […] Als er herauskam, hinkte er, verletzt durch ein eisernes Bettgestell, das auf seinen Fuß geworfen worden war. Auch ein Zahn war ihm ausgeschlagen worden von jemandem, der wohl Zahnarzt spielen wollte. Unter diesen Verletzungen leidet er noch heute […]

Täglich gab es neue Gerüchte in der Stadt, dass der Zug zum KZ am Bahnhof abfahrbereit stünde. Wir gingen zum Bahnhof, bestachen den Stationsvorsteher, um Neues zu erfahren und fragten, ob er irgendeine Möglichkeit hätte, Züge zurückzuhalten. In verzweifelter Hoffnung hingen wir an jedem Gerücht. Das waren die schwierigsten Tage. Die Sonne ging auf jeden Tag, die Menschen schienen zu funktionieren, zu essen, zu schlafen, Kinder zu bekommen, und trotzdem hatten wir den Eindruck, daß der Himmel herabfallen oder sich öffnen sollte, um uns alles zu verschlingen. Ich hörte ein kleines Mädchen seine Mutter fragen: „Zeige mir einen Juden, wie sehen sie aus?“    […]

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Flammende Empörung der Bevölkerung der Vestmetropole
Judenfeindliche Kundgebung als Antwort auf die feige Mordtat in Paris

L.W. r. Als in den späten Abendstunden der Wochenmitte die Nachricht vom Tode des Gesandtschaftsrates der Deutschen Botschaft in Paris, Ernst vom Rath, bekannt wurde, erhob sich die seit dem Tage des erbärmlichen Attentats schwelende Entrüstung des vestischen Volkes zur flammenden Empörung, die sich im Laufe der Nacht zum Donnerstag in Aktionen gegen das in den vestischen Städten und Gemeinden ansässige Judentum Luft machte.

So kam es besonders in Recklinghausen zu spontanen Kundgebungen gegen die Mitglieder des auserwählten Volkes, wobei die empörten Gefühle der Menge durch die Erinnerung an die, in diesen Tagen durch die Polizei aufgedeckten schmutzigen Machenschaften des Juden Pinkus von der Münsterstraße eine womöglich noch stärkere Abneigung gegen die israelitische Sippschaft empfingen. Der Abscheu entlud sich in Zerstörungen der Schaufenster der jüdischen Geschäfte sowie in der Vernichtung der Synagoge am Polizeipräsidium und des israelitischen Gemeindehauses, die beide in Flammen aufgingen. Der Brand der Synagoge, die sich in ihrem Schmutz und in ihrer Verkommenheit schon seit langem als Schandfleck in der Umgebung des repräsentativsten Gebäudes der Vestmetropole, des Polizeipräsidiums, erwiesen hatte und die in der letzten Ratsherrensitzung als abbruchreif erklärt worden ist, bedeutet lediglich den schnellen Vollzug dieser längst fälligen Maßnahme, die das Gebäude des Polizeipräsidiums für alle Zeiten von dieser häßlichen architektonischen Mißbildung aus seiner unmittelbaren Nachbarschaft befreit haben dürfte.

Aber auch in anderer Beziehung wird die Folge der Aktion eine Auswirkung erfahren, die als nur erfreulich angesehen werden kann. Es dürfte wohl keinem Zweifel unterliegen, daß das schon seit einigen Monaten fällige Problem der Judenschule an der Seitenfront des Polizeipräsidiums nunmehr in kürzester Zeit seine Lösung finden wird.

Unsere Erkundigungen haben zu der Feststellung geführt, daß die Judenschule, deren Gebäude sich übrigens im Besitz der Stadt befindet, hier keinen Eingang mehr finden wird. Die Pläne sehen dort die Errichtung eines Kindergartens oder einer SA-Dienststelle vor. Die endgültige Entscheidung hängt von der besseren Verwendungsmöglichkeit für diesen oder jenen Zweck ab. Auch die von einem Rabbiner bewohnte erste Etage des Gebäudes wird nie mehr Juden zur Wohnung dienen, so daß nunmehr die Stadt wieder ihr freies Verfügungsrecht über das Gebäude nutzen kann.

Es war auch auf die Dauer ein unerträglicher Zustand, zu wissen, daß in einem Gebäude der Stadt eine Judenschule unterhalten wurde, während zum Beispiel auf der anderen Seite ein fühlbarer Mangel an Möglichkeiten zur Unterbringung der Hitler-Jugend oder der kleinsten Schützlinge der NS-Volkswohlfahrt besteht. Es ist aber zur Vermeidung irriger Ansichten betont, daß die Stadtverwaltung an diesen Verhältnissen keine Schuld trägt.

Es ist weiterhin selbstverständlich, daß die kläglichen Reste der Synagoge infolge der Baufälligkeit des ganzen Gebäudes schnellstens dem Erdboden gleichgemacht werden, um das Grundstück einer anderen besseren Verwendung zufuhren zu können. Darüber hinaus wird auch der Rest des israelitischen Gemeindehauses in Zukunft nicht mehr die Umgebung verunziehren, denn auch hier zwingt die Baufälligkeit zu einer schnellen Niederlegung des Gebäudes. Damit wird das jüdische Dorado, das sich ausgerechnet im Schatten des Polizeipräsidiums breitgemacht hatte, endgültig der Vergangenheit angehören.

Während des gestrigen Tages über herrschte in den Straßen der Vestmetropole und in der Südstadt lebhafter Betrieb und immer wieder konnte man von den Gesichtern der Volksgenossen das Gefühl der Genugtuung über die Aktionen gegen das Judentum in unserer Stadt als Antwort auf die feige Mordtat in Paris ablesen. Die Empörung war um so berechtigter, als es bisher den Juden immer noch möglich war, ungestört ihren Geschäften nachzugehen. Daß sie allerdings dabei ihre niedrigen Instinkte nicht verleugnen konnten, beweist der Fall Pinkus, dem der Laden polizeilich wegen erheblicher Preisüberschreitungen und Betrügereien geschlossen werden mußte.

Die Söhne des auserwählten Volkes haben es sich selbst zuzuschreiben, daß sich gestern die Empörung der Bevölkerung spontan gegen sie entlud.

Nationalzeitung, 11.11.38

Literaturhinweis: Georg Möllers, Pogrom am Polizeipräsidium. Der 9./10. November 1938 in Recklinghausen, in: VK 1989, Recklinghausen 1988, hg. v. Werner Burghardt, Recklinghausen, S. 24 - 35

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