Hanse, da denken viele an Hamburg, Lübeck oder Kiel. Doch auch weit weg vom Meer gab es in Deutschland zahlreiche Hansestädte, darunter Recklinghausen. Die Hansezeit war eine wichtige Epoche in der Stadtgeschichte, der im Jahr 2012 neues Leben eingehaucht worden ist.
Aber schon früh waren Recklinghäuser Unternehmer und Kaufleute des erfolgreichsten Handels-Netzwerks des Mittelalters - der Hanse. Schon in der ersten Phase der Hansegeschichte lassen sich einige Recklinghäuser Fernhändler urkundlich nachweisen.
Einer von ihnen war Konrad von Recklinghausen. Er war um 1300 Schiffseigner. Seine Kogge (Segelschiff der Hanse) durchkreuzte von Lübeck aus die Ostsee. Ein weiterer hieß Henricus de Ricklengheus. Er tat es seinen Mitstreitern aus Köln und dem Rheinland gleich und war im Englandhandel aktiv. Ein gewisser Johann Riklynghous war um 1340 in Lübeck ansässig.
Eine faszinierende Karriere erlebte hundert Jahre später der Recklinghäuser Hansekaufmann Heinrich Gremmert. Um 1425 ist er im russischen Novgorod und im livländischen Reval (heute: Tallinn, Hauptstadt Estlands) nachweisbar. Nachdem er die einheimische Patriziertochter Swenecke Spannerd geheiratet hatte, stieg er in Reval zum Ratsherren auf. Bis zu seinem Tod im Jahr 1446 verrichtete er sogar politisch-diplomatische Missionen für seine neue Heimatstadt.
Ziel war ein offener, gemeinsamer nordeuropäischer Markt
Die Hanse war spätestens seit dem 15. Jahrhundert ein stabiles, eng verflochtenes und grenzüberschreitendes Netzwerk von Geschäftsleuten, Reedern, Verlagshäusern, Handelsgesellschaften und circa 70 Städten - darunter auch Recklinghäuser Händler. Der Einzugsbereich dieses Netzwerks reichte von London im Westen über Bergen in Norwegen bis nach Danzig, Riga und Novgorod im Osten. Ziel war die Schaffung eines offenen, gemeinsamen nordeuropäischen Markts: Friedlich, frei und ungehindert sollten sich Menschen, Waren und Kapital zu Lande und zu Wasser bewegen können.
Recklinghausen profitierte in erheblicher Weise davon, dass das wirtschaftliche und logistische Hinterland der Hanse bis ins südliche Westfalen reichte. Von dort wurde auf langen und unsicheren Landwegen mit Ochsenkarren und Pferdefuhrwerken binnenländische Handelsware transportiert: zum Beispiel Tuche, Leinwand, Draht oder Schmiedefabrikate aller Art.
Spätzeit und Niedergang - Recklinghausen zum Ende der Hansezeit
1557 wurde die Hanse reformiert, denn neue Mächte (England, Dänemark, Schweden) drängten im Nord- und Ostseeraum zu maritimer und wirtschaftlicher Vorherrschaft. 63 Städte formierten eine neue hansische Konföderation, die, obwohl sie zunächst nur für zehn Jahre gelten sollte, bis zur Auflösung der Hanse im Jahre 1669 Bestand hatte.
Dabei befand sich nun auch ganz offiziell die kurkölnische Landstadt Recklinghausen. Sie gehörte zum Kölner Hansequartier und war als „kleine Stadt“ oder „Beistadt“ - ausgestattet mit nur geringem Mitspracherecht - dem Hauptort Dortmund untergeordnet. Der bewusst herbeigeführte Zuwachs solcher „Beistädte“ - die Hanse zählte auf dem Höhepunkt dieser Entwicklung um die 200 Mitgliedsstädte - sollte mit vermehrten Mitgliedsbeiträgen die wachsenden finanziellen Probleme der Hanse mildern.
Schon 1557 wurden die Recklinghäuser Bürgermeister Rotger Molmann und Hinrich Clover erstmals offiziell dazu eingeladen, an einem regionalen Hansetag teilzunehmen. Weitere Entsendungen von Delegierten aus Recklinghausen folgten.
Die schwere Krise des deutschen Wirtschaftslebens und der Niedergang des mitteleuropäischen Städtewesens seit Beginn des 17. Jahrhunderts zog auch die Hanse in Mitleidenschaft: Sie überlebte den Dreißigjährigen Krieg nicht lange. Die Stadt Recklinghausen, die von den Drangsalen des Truchsessischen Krieges (1583 bis 1588) schwer getroffen worden war, konnte schon seit Ende des 16. Jahrhunderts ihren Zahlungsverpflichtungen kaum mehr nachkommen. Ihre Hansemitgliedschaft erlosch formlos im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts.
Neubeginn für Gegenwart und Zukunft: Recklinghausen wieder Teil eines Hansebunds
Rund 350 Jahre später ruft sich Recklinghausen seine vorindustrielle Hansetradition wieder ins Bewusstsein.
2012 unterzeichnete der Wolfgang Pantförder, ehemaliger Bürgermeister der Stadt Recklinghausen, eine Aufnahmeurkunde des Westfälischen Hansebundes in Werne und besiegelte damit den Beitritt Recklinghausens zum Hansebund. Mit dem Beitritt soll so auch in Zukunft die Brücke zwischen historischer Tradition, modernem Tourismus und Recklinghausen als Handelszentrum im Vest geschlagen werden.
2015 zählt der Westfälische Hansebund, der 1983 in der alten Reichs- und Hansestadt Herford gegründet worden war, 48 städtische Mitglieder. Eine Liste aller Mitglieder ist hier zu finden. Einmal im Jahr findet an einem Wochenende im Sommer der Westfälische Hansetag statt. Ausrichter ist stets eine andere Mitgliedsstadt. Im Rahmen dieses Tages gibt es dann einen Hansemarkt und die Möglichkeit für die Städte, sich mit einem eigenen Stand zu präsentieren und die gemeinsame Hansetradition zu feiern.
Der Hansetag 2015 fand im Lemgo statt. Auch Recklinghausen nahm daran teil. Lesen Sie hier die dazu entsprechende Pressemitteilung.
2016 richtete Wesel den nächsten Westfälischen Hansetag aus. Auch Recklinghausen war wieder mit dabei. Hier gibt es die Pressemitteilung dazu.
2017 ging es dann nach Wipperführth. Hier gibt es die Pressemitteilung dazu.
Zum ersten Mal selbst wird Recklinghausen Ausrichter im Jahr 2025. Dann sind alle Mitgliedsstädte dazu eingeladen, sich in Recklinghausen zu präsentieren und gemeinsam den Westfälischen Hansetag zu feiern.
Mehr zum Westfälischen Hansetag bzw. Hansebund ist unter www.westfaelische-hanse.de zu finden. Quellen und Literatur zur Geschichte der Stadt Recklinghausen und ihrer Hansezugehörigkeit finden Sie im Institut für Stadtgeschichte an der Hohenzollernstraße 12.
Aktuelle Pressemitteilungen
Pressemitteilung Westfälische Hanse - Fit für die Zukunft (27.09.2017)